Zwischen Selbstinszenierung und Authentizität – Wer sind wir wirklich?

Authentizität
Collage von Birgit Steinborn

Der Vorwurf der Selbstinszenierung tönt nicht selten aus den Medien. Sowohl Politikern als auch sämtlicher anderer Prominenz wird immer wieder mangelnde Authentizität vorgeworfen. Doch ist Selbstinszenierung wirklich immer gleichzusetzen mit dem Verlust von Authentizität?

Selbstinszenierung in unserer Gesellschaft

Beginnen wir mit einer kleinen Reise zu den verschiedenen Schauplätzen unserer Gesellschaft:

“Was man nicht im Kopf hat, muss man im Körbchen haben.” lästert die Katzenberger freimütig über sich selbst und grinst dabei mit ihrem überschminkten Gesicht in die Kamera eines bekannten Fernsehsenders. Ein Abstecher Richtung soziale Netzwerke zeigt uns Freunde und Bekannte aus einer ganz anderen Perspektive. Graue Mäuschen mutieren zu wilden Vamps und Peter, den man eigentlich nur auf dem Sofa kennt, schaut stolz von einer erklommenen Bergspitze herab. Ach ja, da wäre noch die Politik. Während die eine Partei die sonst so kamerascheue Kanzlerkandidatin durch ein auf sie fokussiertes Video im neuen Glanze erstrahlen lässt, gibt sich der andere volksnah indem er den „normalen“ Bürger zu Wort kommen lässt. Doch ist das alles wirklich so verwerflich?

Authentizität in der Philosophie

Rousseaus Vorstellung von Authentizität, in der nur der unverdorbene, nackte Athlet reinpasst, der ehrlich ohne Zierde zu kämpfen bereit ist, ist längst veraltet. Keiner kann von sich behaupten dieser nackte Athlet zu sein, denn gewisse Rollen müssen eingenommen werden, um sich in der Gesellschaft unterzuordnen.

Die modernen Philosophen sahen die Anforderungen an einen authentischen Menschen nicht ganz so streng wie Rousseau. Richard Rorty, ein amerikanischer Philosoph der Moderne, verglich Authentizität mit einer individuellen narrativen Selbsterfindung. Die Identität eines Individuums entsteht demnach durch das Erzählen der eigenen persönlichen Geschichte. Ohne das „Sich-selbst-erzählen“ würden wir also alle identitätslos sein. Um jedoch die eigene Geschichte erzählen zu können, benötigt man Zuhörer, die diese bestätigen, kritisieren oder einfach nur zuhören.

Authentizität als Selbstaufgabe

Welch eine schöne Vorstellung der Autor seines eigenen Lebens zu sein! Soll jeder sich die Rolle in seiner persönlichen Lebensgeschichte geben, die er gerne spielen will, solange er mit Leidenschaft dahinter steht und sich die Rolle selbst zugesprochen hat. Ein jeder selbst hat die Macht in welche Richtung seine Geschichte gehen soll, also fangt an sie zu erzählen…

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