Vor fast genau 100 Jahren erblickte Jean-Louis Lebris de Kérouac das Licht der Welt und diese Welt saugte er bereits seit dem ersten Atemzug mit all seinen Sinnen auf. Einer der bekanntesten amerikanischen Schriftsteller, der den großen Musikern als Inspiration diente, galt als Begründer der Beat Generation. Diese subkulturelle Bewegung entstand in den 50er Jahren und drückte ein Lebensgefühl des Aufbruchs und Gefühls aus. Nicola Bardola erzählt in der Biografie Jack Kerouac.Beatnik, Genie, Rebell. von dem Auf-und Niedergang des Beat-Poeten.
Jack Kerouac wuchs in einer franko-kanadischen Familie in Lowell, Massachusetts auf. Die englische Sprache war ihm bis zu seiner Einschulung fremd, denn zuhause wurde nur Joual gesprochen. In seiner Kindheit gehörte er zu der klassischen Mittelschicht und eine liebevolle Mutter umsorgte ihn stets. Jedoch legte sich der Tod seines älteren Bruders Gérard wie ein dunkler Schatten über sein junges Leben.
Schon in der High School war er ein erfolgreicher Footballer, was ihm die Tore zu der renommierten Columbia University in New York öffnete. Im Zuge der Wirtschaftskrise wäre der Besuch einer derartigen Bildungseinrichtung für Kerouacs Eltern unbezahlbar gewesen, daher nahm er das Stipendium an. Allen Ginsberg und William S. Burroughs trafen dort auf den jungen Footballspieler. Alle drei verband eine Vorliebe für Literatur und somit bildete sich der Keim eines neuen Genres, die sogenannte Popliteratur.
So richtig will der ruhelose Kerouac nicht in das spießbürgerliche universitäre Umfeld hineinpassen. Im Zuge des Zweiten Weltkriegs trat er der Handelsmarine bei. Aber auch dort musste man sich unterordnen und in eine gewisse Struktur passen, die mit Kerouacs Mentalität keinen Einklang finden konnte. Lieber traf er sich mit seinen Freunden in New York, nahm Drogen, liebte Frauen und verließ sie, fühlte den Jazz und schrieb leidenschaftlich. Die Universität sagte ihm auch nach seiner Zeit bei der Handelsarmee nicht mehr zu und so begann sein Leben aus der Mittelmäßigkeit zu gleiten.
Das Leben auf der Straße in ständiger Bewegung war das, was Kerouac vom Leben erwartete. Er wollte die Welt sehen, Menschen, die für etwas brennen und sich im Sog des Lebens treiben lassen. Für keinen Job war er sich zu schade und nahm alles an, was ihm schnelles Geld zum Überleben einbringt. Er hilft bei Ernten, arbeitet als Möbelpacker oder auch als Tankwart. Dennoch träumte er weiterhin von einem Durchbruch als Schriftsteller. Sein erster Roman The Town and the City führte zwar nicht zu dem erwünschten Durchbruch, dennoch hielt er an seinem Traum fest.
Als er Neal Cassady kennenlernte, der sich mit kleinkriminellen Machenschaften durchs Leben schlug, beginnt das Reisen durch die USA. Auf der Suche nach der eigenen Stimme und dem Sinn des eigenen Daseins stießen sie immer wieder auf den Jazz. Von dem Beat der Zeit inspiriert und seinem eigenen Lebensstil, der spontan war und auf den Moment konzentriert, fand Kerouac seinen einzigartigen Erzählstil, der die ganze Beat Generation inspirieren sollte.
Mittlerweile gilt Kerouacs bekanntestes Werk On the road (dt. Unterwegs) als Klassiker der amerikanischen Literaturgeschichte. Doch was macht sein Schreibstil so einzigartig? Schon die äußere Form von On the road lässt auf den Inhalt schließen: Innerhalb von drei Wochen schrieb er den Roman in einem ekstasischen Zustand auf eine zusammengeklebte Schriftrolle aus Butterbrotpapier. Genau dieser rauschähnliche Zustand findet sich auch im Inhalt wieder. In einem Bewusstseinsstrom reihen sich die Sätze willkürlich aneinander und spiegeln so die Mentalität einer Generation wider, die nach Freiheit lechzte und sich in einem steten Kampf gegen jegliche Konventionen befand. Sein Werk ist nicht leicht zu lesen, da man ein derartiges erzählerisches Tempo nur aushalten kann, wenn man sich selbst vollkommen dem Sog hingibt.
Schon vor dem Durchbruch mit On the road lebte Kerouac stets mit der Überzeugung, einmal ein großer Schriftsteller zu werden. So sortierte er akribisch seine Schreibversuche, damit sein Nachlass nicht in Vergessenheit geraten kann. Nachdem dann die folgenden Romane nicht an den Erfolg von On the road anknüpfen konnten, geriet er in eine existenzielle Krise. Er fühlte sich missverstanden von den Kritikern, die seine literarischen Ergüsse als unbedeutsames Geschreibsel wahrnahmen und von seinem näheren Umfeld.
Immer mehr verfiel er dem Alkohol und zog wieder zu seiner Mutter, die ihm durch die letzten schweren Jahre seines Lebens half. Mit nur 47 Jahren starb der Begründer der Beat Generation an den Folgen seines exzessiven Lebens im Rausch.
Nicola Bardola zeichnet hier das Leben einer amerikanischen Ikone. Zunächst geht er chronologisch vor bis zur Entstehung seines Welterfolgs On the road. Sein Schwerpunkt liegt auf der künsterlischen Beschaffenheit von Kerouacs Texten und wie diese mit den einzelnen Lebensstationen vernetzt ist. Daraus wird deutlich, dass Kerouacs Texte überwiegend von seinem eigenen Leben inspiriert wurden. Auch aus seinem Schreibstil kann man die einzelnen Episoden seines Lebens erlesen. Das macht Bardola mit seiner Verzahnung von biografischen Fakten und Informationen über die Veränderung seiner Selbstwahrnehmung als Schriftsteller deutlich.
Dennoch ist die Biografie wenig künstlerisch aufbereitet und liest sich etwas langatmig. An einigen Stellen klingt es zu stark nach Wikipedia-Beitrag und auch lustige Anekdoten wirken oft starr und humorlos. Wenn man sich durch das Lesen einer Biografie lediglich das Faktenwissen über das Leben einer Person wünscht, ist das ein durchaus informatives und lesenswertes Buch. Wer aber literarische Raffinesse erwartet, wird von diesem Buch enttäuscht werden.
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